Das Lauffenmühle-Areal als Magnet für nachhaltige Unternehmen

Das Lauffenmühle-Areal als Magnet für nachhaltige Unternehmen

Prof. Dr. Claus-Heinrich Daub
Prof. Dr. Claus-Heinrich Daub

Die Stadt Lörrach ist mit Blick auf nachhaltige, «grüne» Innovationen nicht zu beneiden: Im Süden die Schweiz – seit nunmehr 12 Jahren ununterbrochen Erstplatzierte im Global Innovation Index – bzw. Basel mit seinem renommierten Impact Hub und dem Innovationswettbewerb Swiss Sustainability Challenge, die beide jedes Jahr zahlreiche innovative Ideen entwickeln, fördern und zum Erfolg führen. Im Norden die «Green City» Freiburg mit ihrem Grünhof und einem Leistungszentrum Nachhaltigkeit, in dem die Universität zusammen mit fünf Fraunhofer-Instituten und namhaften Grossunternehmen Technologien und Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung entwickeln will.
Kann es in einer solchen Sandwich-Position überhaupt gelingen, eine attraktive Nische zu finden für die erfolgreiche Ansiedlung von Unternehmen, die Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft aktiv leben und voranbringen sollen und wollen? Auf den ersten Blick scheint Skepsis angebracht. Auf den zweiten weicht dieser rasch der Zuversicht. Denn wenn Lörrach alles richtig macht – und die ersten Schritte sind vielversprechend – dann kann die Stadt mit dem ersten klimaneutralen Gewerbegebiet in Holzbauweise Industriegeschichte schreiben. Genauer gesagt fortschreiben, denn es war die Lauffenmühle GmbH & Co. KG, die noch kurz vor ihrer Insolvenz mit dem Cradle to Cradle Gold Standard zertifizierten reworx®-Gewebe einen Meilenstein in Sachen kreislauffähiger Textilen gesetzt hat.
Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die künftig auf dem Areal siedeln, werden also in grosse Fusstapfen treten. Damit sie dies tun werden, wird die Stadt Lörrach bei der Entwicklung des Areals ihre Erwartungen zielgenau adressieren müssen. Dann wird aus Zuversicht Erfolg werden.

Raum schaffen für gemeinsamen Austausch und Work-Life-Balance
«Gleich zu gleich gesellt sich gerne» – das gilt definitiv auch für Unternehmer:innen, die mit ihren Betrieben einen möglichst geringen ökologischen Fussabdruck hinterlassen und Kreisläufe schliessen möchten. Themen wie Klimaschutz, Ressourcenschonung oder Energiesparen haben per se mit einer moralischen Verantwortung zu tun und setzen somit ein bestimmtes «Mindset» voraus. Ein Areal, auf dem sich viele Personen bewegen, die diese gemeinsame Geisteshaltung mitbringen, bietet somit Raum für einen intensiven Gedanken- und Informationsaustausch. Wenn es gelingt, dies zu gewährleisten – z.B. durch das Schaffen von Räumen der Begegnung wie eine zentrale Caféteria – wird ein wichtiges Anliegen Ansiedlungsinteressierter adressiert.
Menschen, die nachhaltigkeitsorientiert denken, haben zudem verstärkt das Bedürfnis, berufliches und privates Leben zu koordinieren («Work-Life-Balance») und einen Ausgleich zur Berufsarbeit durch regelmässige gesundheitsfördernde Bewegung zu schaffen. Betriebsnahe Angebote wie eine Kinderbetreuung (KiTa) oder ein Ort, an dem man sich sportlich betätigen kann, erhöhen daher die Attraktivität eines solchen Gewerbegebiets merklich. Es wird so zu einem echten Lebensraum. Dass ausserdem konsequent das natürliche Material Holz zum Einsatz kommt, unterstützt das Bedürfnis nach einer Harmonisierung eines gesunden Lebens mit einem menschenorientierten und enkeltauglichen Wirtschaften zusätzlich.

Nachhaltigkeitsexpertise vor Ort
Was gerade KMU bei der Entwicklung und Umsetzung einer am Prinzip der Nachhaltigkeit orientieren Strategie fehlt, ist das hierfür notwendige Know-how. Der Wille allein genügt nicht, es muss auch der Weg gebahnt werden. Dabei besteht zum einen ein Bedarf an ökologischen oder umwelttechnischen Kenntnissen wie man z.B. Energie einsparen kann oder welche Materialien kreislauffähig sind oder gemacht werden können. Zum anderen wünschen sich KMU Unterstützung bei der systematischen Integration aller Teilaspekte nachhaltigen Handelns in ihre Unternehmensstrategie. Dazu gehören neben ökologischen auch Fragen der sozialen Verantwortung für die Lieferkette. Spätestens, wenn die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU ab 2025 für alle grossen Unternehmen gilt, werden diese von ihren zuliefernden Betrieben vermehrt wissen wollen, auf welchen Quellen die Vorprodukte stammen und unter welchen Arbeitsbedingungen sie hergestellt wurden. Wer diese Frage beantworten kann, wird einen Wettbewerbsvorteil haben. Sollten sich wie geplant im Lauffenmühle-Areal auch Beratungsunternehmen ansiedeln, die hier Hand reichen können, würde dieses Anliegen optimal adressiert.
Damit die KMU vor Ort auch wirklich bereit sind, ihre Aktivitäten dauerhaft am Gedanken eines nachhaltigen Wirtschaftens auszurichten, sollte es zudem konkrete Anreize geben. „What gets measured, gets managed“ lautet eine Binsenweisheit der Managementlehre. Wenn man KMU also die Möglichkeit bietet, sich selbst Nachhaltigkeitsziele zu setzen – sowohl für den einzelnen Betrieb, vielleicht sogar gemeinsam als «Lauffenmühle Community» – und wenn man deren Fortschritt und Erreichungsgrad regelmässig misst, wird erkennbar und nachweisbar, was man geleistet hat. Und das kann man wiederum kommunizieren und damit Reputation gewinnen, neue Kunden gewinnen und für hochqualifizierte Mitarbeitende attraktiver werden. Wie diese Incentivierung der KMU am Ende realisiert werden wird, ist noch offen. Eine naheliegende Möglichkeit wäre, sie mit Unterzeichnung des Mietvertrages dazu zu animieren, zugleich die WIN-Charta des Landes zu unterzeichnen – wie dies bereits über 300 Betriebe getan haben. Diese führt über einen definierten Prozess zur Erarbeitung eines Zielkonzepts und einer Berichterstattung über die erbrachten Nachhaltigkeitsleistungen.

Kooperation mit Hochschuleinrichtungen und Inkubatoren
Um neben «gestandenen» KMU auch Startups attraktive Räume bieten zu können, braucht es zudem einen direkten Draht zu Bildungs- und Forschungseinrichtungen aus der Region, aus denen traditionell besonders viele junge Menschen mit innovativen Ideen zur Lösung von Nachhaltigkeitsherausforderungen hervorgehen, die sie als Jungunternehmer:innen verwirklichen wollen. Sie benötigen vor allem Beratungsangebote, Vernetzungsmöglichkeiten und Partner für die Finanzierung ihrer Ideen. Um spezifisch «grüne» Innovationen zu fördern, müssen die Angebote auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe zugeschnitten werden. Zudem wären auch für diese Unternehmen Incentivierungen denkbar. So könnten sie beispielsweise mithilfe des Praxistools «Nachhaltigkeitsbewertung von Start-ups» der gleichnamigen DIN SPEC 90051-1 bewertet und ihnen auf dieser Basis konkrete Vorschläge für eine Optimierung ihrer Strukturen und Prozesse gemacht werden. Die Herausforderung wird sein, die richtigen Partner für diese Aufgaben zu finden. Vielleicht siedelt sich ja dermaleinst der erste bi- oder sogar trinationale Impact Hub auf dem Lauffenmühle-Areal an? Die Voraussetzungen wären zweifellos ideal.

Prof. Dr. Claus-Heinrich Daub, Fachhochschule Nordwestschweiz (FNNW)

Ansprechpartner

Burkhard Jorg
Projektleiter
07621 / 415 523
lauffenmuehle@loerrach.de